
Aha-Effekt beim Lieferanten
Das sogenannte Cost Engineering soll den Einkauf mit aktuellen Daten in hoher Detailgüte versorgen. So kann er die Kalkulation seiner Lieferanten nachvollziehen. Beim Lieferanten führt das oft zu einem Aha-Effekt, wenn auch er merkt, wie er seinen Betrieb noch effektiver führen kann. Daniel Zabota, Chefredakteur Beschaffung aktuell, im Gespräch mit Boris Eble, Manager Supply Management, Peter Schall, Cost Management Program Manager, John Deere GmbH & Co. KG sowie Lars Keller, Geschäftsführer Kerkhoff Cost Engineering GmbH. PETER SCHALL: Der Gewinn ist eine Gemeinschaftsleistung von Qualität, Vertrieb, Marketing, Engineering, Produktion und Logistik. Natürlich hat auch der Einkauf seinen Anteil daran, nicht zuletzt wegen der Beziehung zu unseren Lieferanten, mit denen wir sehr partnerschaftlich verbunden sind. Beschaffung aktuell: Ihr Unternehmen hat eine riesige Produktvielfalt – vom 400-PS-Traktor bis zum Rasenmäher. Wie ist da der Einkauf organisiert? BORIS EBLE: Der Einkauf mit über 1400 Mitarbeitern weltweit hat eine Matrixorganisation in drei Dimensionen. Das können Sie sich vorstellen wie den Zauberwürfel von Rubik. Beschaffung aktuell: Gibt es Gleichteile für Traktoren und Rasenmäher? SCHALL: Ja, insbesondere bei Normteilen verfolgen wir gemeinsame Beschaffungsstrategien. SCHALL: Wir arbeiten mit einer Reihe von Beratern zusammen, im Bereich des Cost Engineering mit Kerkhoff. Hintergrund ist die Zunahme der technischen Komplexität am Traktor, unter anderem bedingt durch die Erfüllung von Emissionsvorschriften des Gesetzgebers und den damit verbundenen Kostensteigerungen durch modifizierte Abgasnachbehandlungssysteme. Diese Kostensteigerungen können wir nicht ohne weiteres auf Basis eines Customer Value Add an unsere Kunden weitergeben, so dass das Identifizieren von Kosteneinsparpotenzialen, bezogen sowohl auf das Design als auch auf die Einkaufspreise, an Bedeutung gewinnt. Gerade im Bereich der Einkaufspreise schaffen wir gemeinsam mit Kerkhoff Transparenz und ermitteln,ob wir für eine Komponente einen fairen Preis bezahlen. Beschaffung aktuell: Können Sie uns ein Beispiel nennen? Sagen wir eine Abgasanlage. Die kostet 1000 Euro. Ist es Ihr Ziel, sie für 900 Euro einzukaufen? EBLE: Die Frage unterstellt, wir wollten die Kosten pauschal um zehn Prozent reduzieren. Unser Ansatz ist aber ein anderer: Es geht darum, die Produkte zu verursachungsgerechten Preisen einzukaufen. Also sich darüber im Klaren sein, was ein Produkt kostet. Im Übrigen arbeitet John Deere langfristig mit seinen Lieferanten zusammen. EBLE: Das ist eine hochgradig detaillierte Preisanalyse auf der Basis Materialkosten, Fertigungskosten plus Zuschläge. Vielleicht ist die Konstruktion zu teuer. Wir wissen, was der jeweilige Traktor am Markt kosten darf und brechen das runter. Möglicherweise stellen wir fest, dass es zu diesen Kosten nicht geht. EBLE: Wissen Sie, wir wollen eigentlich nur verhindern, dass wir für etwas bezahlen, was gar nicht da ist. Darum besuchen wir die Lieferanten, denn ein technisch versierter Einkäufer kennt die Produktionsstandorte seiner Lieferanten. Ein gutes Beispiel sind die Sätze von Maschinen, die längst abgeschrieben sind. Manchmal sind sich die Lieferanten selbst nicht ganz im Klaren darüber. Um langfristig hinsichtlich Innovation und Dienstleistung wettbewerbsfähige Lieferanten sicherzustellen, sehen unsere Kostenmodelle entsprechende Margen für den Lieferanten vor. EBLE: Ja, wir ermitteln Zielpreise, die wir sehr früh an unsere Lieferanten kommunizieren. Beschaffung aktuell: Wie reagieren Lieferanten darauf im Allgemeinen? SCHALL: Durch die hohe Detailgüte schaffen wir eine gute Gesprächsgrundlage. Wenn wir nach gemeinsamer Prüfung aller Kostenbestandteile immer noch voneinander abweichende Vorstellungen haben, müssen wir natürlich weiter verhandeln. Prinzipiell sind wir bestrebt, sämtliche komplexen Teile unserer Neuentwicklungsprojekte einer Design- und Kostenanalyse zu unterziehen. Die Detailgüte solcher Analysen werden wir kontinuierlich weiter ausbauen. EBLE: Wir setzen hier auf langfristige Nachhaltigkeit. Der Lieferant muss auf Dauer von diesen 800 Euro leben können. Wir wollen nicht, dass er sich Umsatz durch ein bewusst EBLE: Wir kennen die Preise für Vormaterialien ziemlich genau. Da finden wir mit den infrage kommenden Zulieferern eine Abmachung. Unter Umständen gilt ein Angebot mit Bezug auf eine Materialpreisbasis. Beschaffung aktuell: Wie unterscheidet sich eine Kalkulation für eine laufende Serie von der Kalkulation für ein zu entwickelndes Neuteil? SCHALL: Die Kalkulation selbst gar nicht. Unterschiede gibt es lediglich bei der Identifikation der zu rechnenden Teile. Während im Entwicklungsbereich sämtliche Komponenten mit hoher Komplexität bzw. Bedeutung eine Zielpreiskalkulation durchlaufen, erhalten wir innerhalb der laufenden Serie den Input aus den operativen Einkaufsbereichen. SCHALL: John Deere ist in den vergangenen Jahren weltweit stark gewachsen und weist demnach eine global ausgerichtete Einkaufsorganisation und Lieferantenstruktur auf. So KELLER: John Deere verlangt von seinen Lieferanten Cost-Break-Down-Sheets, die wir verifizieren. Wir unterstützen das Unternehmen mit Detailgenauigkeit bei den genannten Kostenfaktoren. EBLE: Das ist vertraulich. EBLE: Diese sind weltweit abgestimmt. EBLE: Gar nicht. Dafür gibt es keine Messgröße. Damit kann man keine Meriten gewinnen. Beschaffung aktuell: Können Ihre gesamten Einsparungen letztlich dazu führen, dass ein Produkt billiger angeboten wird, um den Absatz zu erhöhen, den Marktanteil zu vergrößern oder die Konkurrenz zu ärgern? SCHALL: In erster Linie möchten wir unsere Kunden mit einer herausragenden Qualität überzeugen. EBLE: Wir sehen uns als internationales Unternehmen mit einer amerikanischen Muttergesellschaft. Wir sind global ausgerichtet, börsennotiert und führen daher für vergleichbare Bauteile quartalsweise einen Preisvergleich durch. Wir suchen weltweit nach den am besten zu uns passenden Lieferanten. Im Werk in Mannheim kommen wir auf deutlich über 50 Prozent Local Sourcing. Beispielsweise stellen sie fallweise bei importierten hochautomatisierten Anlagen in Niedriglohnländern fest, dass die Kosten für Anschaffung und Wartung in Deutschland unter Umständen niedriger sind bei gleichzeitig höherer Verfügbarkeit. EBLE: Produkte aus der Mannheimer Produktlinie werden weltweit vertrieben. John Deere ist ein global präsentes Qualitätsprodukt einer amerikanischen Muttergesellschaft. Beschaffung aktuell: Gibt es eine Low-Cost-Produktlinie für Märkte in noch nicht so hoch entwickelten Ländern? SCHALL: Mit der technischen Entwicklung auf der Höhe zu bleiben und die Vor- und Nachteile der verschiedenen Märkte zu kennen. Auch die Weiterentwicklung von Cost-Engineering-Aktivitäten wird eine immer stärker werdende Rolle im Unternehmen einnehmen. EBLE: Was die anderen machen. Also wie mit uns vergleichbare Unternehmen einkaufen. Zu den weiteren Produkten des Unternehmens gehören forstwirtschaftliche Maschinen, Baumaschinen, Bewässerungstechnik sowie Maschinen für die Rasen- und Grundstückspflege. Der auf Deere & Company entfallende Gewinn erreichte im ersten Quartal des Geschäftsjahres (31. Januar 2013) 649,7 Mio. USD. Weltweit stiegen die Umsatzerlöse und sonstige Erträge um 10 Prozent auf 7,421 Mrd. USD. Als größter Landtechnikhersteller in Deutschland beschäftigt die John Deere GmbH & Co.KG über 7200 Mitarbeiter an sechs Standorten. Im Geschäftsjahr 2012 erwirtschafteten die deutschen John Deere Unternehmensteile einen Umsatz von 3,29 Mrd. Euro. Neben dem Mannheimer Werk, das etwa 60 Prozent der in Deutschland produzierten Traktoren herstellt, sowie seinen Standorten in Zweibrücken (Mähdrescher, Feldhäcksler), Bruchsal (Fahrerkabinen, Europäisches Ersatzteilzentrum, Vertrieb)und Kaiserslautern (Forschung und Entwicklung) verfügt John Deere auch über zwei Standorte in Nordrhein-Westfalen. Es sind die Fabriken in Gummersbach (Rasenmäher der Marke Sabo und John Deere) und Stadtlohn (Erntevorsätze der Marke Kemper) mit zusammen über 450 Beschäftigten. Geschäftsführer der John Deere GmbH & Co. KG sind Markwart von Pentz, Christoph Wigger und Horst Graf. (Quelle: Wiki, Unternehmen) |